Wandern gegen die Krise

– Laufen hilft. Wie ich beim Wandern im Altmühltal den Corona-Blues anging und nebenbei ein paar versteckte Orte entdeckte. Ein Bericht über drei idyllische Wanderungen.

 

WAndern im Altmühltal
Wie ich im Altmühltal gegen den Lagerkoller anwanderte

Ich laufe. Ich gehe. Ich steige hinauf. Jeden Tag. Jeden Tag ein anderes Stück im Altmühltal. In einer Zeit, in der einem die kleine häusliche Home-Office-Welt unendllich eng vorkommt, erscheint einem auf einmal die nähere Umgebung wie die weite Welt und offenbart sich als neue Spielwiese.

Die Heimat neu entdecken – aus der Not heraus. Das erscheint mir im Moment mein Notfallplan, um die Krise anzugehen. Weite Fahrten sind zu vermeiden, dennoch droht der Lagerkoller, wenn man den ganzen Tag drin verbringt und die Kinder mit Homeschooling beschäftigt werden sollen. Fernweh plagt mich wie so viele, alle Pläne für den Sommer 2020 sind begraben. Ich versuche die Enttäuschung wegzulaufen. Allein durchstreife ich meine Heimatregion, das Altmühltal, sonst ein zuverlässiger Magnet für Urlauber und Ausflügler, nun in Zeiten von Corona Auslauffläche für mich und viele andere Einheimische aus Ingolstadt und Umgebung. Immer wieder aufs neue, Zeit habe ich ja, manchmal geplant, manchmal querfeldein, einfach nur um etwas Sport zu machen.

Ich entdecke viele neue einfache Dinge, idyllische Plätze, liebliche Täler und stelle mir vor, ich bin in den Alpen oder in den Pyrenäen oder in Skandinavien. Und tatsächlich, liegt es daran, dass man in der Not auf einmal sehr berscheiden wird? Und sich über heimische – zugegeben nicht ganz so spektakuläre Geotope wie die Alpen aber immerhin trotzdem liebliche und erhebende – Landschaften freut? Auf meinen mehr oder weniger zufälligen Streifzügen während der Corona-Beschränkungen habe ich viele schöne Eindrücke gesammelt, die ich gerne teilen möchte, die es wert sind, sie nochmal in weniger restriktiven Zeiten zu besuchen.

Gungoldinger Wacholderheide

Am Parkplatz an der Gungoldinger Kirche Mariä Himmelfahrt beginnt meine Tour in die Gungoldinger Wacholderheide, welche als die schönste der südlichen Frankenalb bezeichnet wird, obgleich vor einigen Jahrzehnten noch viele Wacholderbäume wegen der vielseitigen Verwendbarkeit gefällt wurden. Wacholder war lange ein begehrtes Gewächs zum Räuchern von Schinken und Würsten und ein beliebtes Gewürz, kaum wegzudenken aus Sauerkraut.

Steile Trockenrasen türmen sich vor mir auf. Ich folge dem Pfarrer-Bierschneider-Weg immer bergauf, bis auf das wunderschöne Plateau der Jurahöhe. Die trockenen Grasbüschel bilden zusammen mit allerlei Flechten und Magerbewuchs ein wunderschön weiches Polster. Irgendwann stoße ich auf den Altmühltal-Panorama-Weg, der seinen Namen zurecht verdient. Man hat einen herrlichen Blick runter in das Altmühltal, wo sich gleichnamiger Fluss durch die Landschaft schlängelt. Wenn grad keine Corona-Krise ist, ist die Altmühl an schönen Tagen voll mit Kanubooten. Am Ortsausgang hat Gungolding überdies einen schönen Bootsrastplatz, an dem man übernachten und grillen kann und der schon lange kein Geheimtipp mehr ist.
Aber nun – keine Boote, nur die träge dahin fliessende Altmühl.
Im Frühling wartet diese wunderschöne Landschaft mit vielen seltenen Pflanzen wie z. B. Frühlingsenzian und Brandknabenkraut auf und ist Lebensraum für seltene Schmetterlingsarten und Heuschrecken.
In der Tat: es wimmelt und wuselt, blüht und sprießt überall auf diesen sonnendurchfluteten Hängen.

Irgendwann orientiere ich mich wieder an dem Kirchtum unten im Tal und hangel mich in Serpentinen an steilen Felsen entlang hinunter zurück zu meinem Ausgangspunkt.

© Claudia Schmitz

Das Birktal bei Kipfenberg – Versteckt und ideal zum Wandern

Das Birktal ist ein schmales kleines Seitental des Altmühltals, gelegen zwischen Kipfenberg und Schelldorf und durchzogen vom gleichnamigen Bächlein.
Auf der Suche nach ruhigen Wanderwegen, erinnerte ich mich daran, dass wir als Kinder hier mal den Husarensteig gemacht hatten – Urzeiten her.

Ich nehme den Wanderparkplatz als Ausgangspunkt am Birktalbach und folge dem Wegweiser „Zur kleinen Grotte“. Was die wohl ist? Sie entpuppt sich als kleine Felsnische, die mit einer Mutter Gottes und Blumen geschmückt ist. Ein anrührender Ort in dieser ruhigen Gegend an diesem romantischen Felssteig. Ich drehe wieder um, um noch den Husarensteig ein Stück zu wandern, der sich in der entgegengesetzten Richtung befindet, und sich auch an den Felsen als schmaler Pfad entlangwindet, meist immer in eine Richtung, nämlich nach oben. Es geht idyllisch durch den Frühlingswald immer leicht nach oben. Irgendwann gelangt man durch den Wald auf einmal an einen verwunschenen kleinen Tümpel.

Es ist März und hier oben in diesem geschützten Wald ist die Wasseroberfläche noch von einer ganz feinen Eisschicht überzogen. Ich verlasse diesen friedlichen Ort und steige langsam wieder ins Tal, vorbei einem Haus der bayerischen Staatsforste hinunter zum Parkplatz.

Dauer der Tour 2 Stunden.

Idyllisches Schambachtal: alte Mühlen und dann reiht sich Steig an Steig…

Wir sehnen uns nach Bewegung und Natur. Zu dritt verabreden wir uns deshalb am Gasthaus Zur Linde im Schambachtal, um von dort aus eine sportliche Wanderung zu machen. Ich schlage erst mal zum Aufwärmen den Römersteig vor, dann noch den Glockersteig. Mir obliegt die Routenführung und gleich beim ersten Steig versage ich als Scout. Aber im Prinzip ist uns der Kurs ziemlich gleich, wir wandern einfach in die grobe Richtung, durch herrlichen Mischwald. Nach einem kurzen Anstieg geht es immer eben weiter. Kurz vor Attenzell erkenne ich den Weg wieder und wir fädeln bei der Hälte des Glockersteigs ein.

Ein scharlachroter Becherling – im Schambachtal entdeckt

sieht auf den ersten Blick aus wie weggeworfene Plastiktüten…

Der Glockersteig zeichnet sich dadurch aus, dass man wirklich schnaufend die vielen Höhenmeter erklimmt, er hat etwas von echtem alpinen Klettersteig – nur viel kürzer. Wir erklimmen Schleife um Schleife auf dem Glockersteig und werden durch den wunderschönen Ausblick ins Schambachtal belohnt. Dafür allein lohnt sich diese Tour immer wieder. 

Irgendwie haben wir immer noch nicht genug, und als wir ein neues Schild erblicken „Zum Dachssteig“ nehmen wir den auch noch mit. Er verläuft im Prinzip auf der gegenüberliegenden Seites des Schambachtals, aber gleiches Prinzip: Immer schön an den zerklüfteten Kalkfelsen entlang, über entwurzelte Bäume gesäumt von mit Moss überwucherten Hängen.

Am Ende unserer Tour suchen wir noch die kleine Kapelle auf, die über einer Heilquelle errichtet ist und deren Wasser bei Augenleiden helfen soll. Wir waschen uns brav alle die Augen aus und machen uns sehenden Auges auf zu unserem Parkplatz.
Im Stehen prosten wir uns nach diesem schönen Ausflug zu – in Ermangelung eines Biergartenbesuches – mit je einem Weltenburger Bier, was wir aus dem Kofferraum heraus zaubern. Herrlich. Man wird so bescheiden in der Krise.

© Claudia Schmitz
Fast wie in Skandinavien: verwunschene, bemooste Felsen
© Claudia Schmitz