Ein Gastbeitrag von Sandra-Isabel Knobloch (Text) und Tina Gronert (Fotos),

www.the-euroamers.eu

 

Understatement – das ist ein Wort, was anscheinend auf Vieles in Finnland zutrifft. Die Sehenswürdigkeiten sind oft dürftig ausgeschildert und die Sprachbarriere erschwert es zudem, die meist nur auf finnisch angekündigten „Hot Spots“ zu entdecken. Wir fahren nun schon seit einer Woche kreuz und quer durch dieses wunderbare Land im Nordosten Europas und stellen fest, dass selbst in unseren deutschen Reiseführern viele tolle Besichtigungspunkte nur am Rande erwähnt werden. Finnland hat jedoch wesentlich mehr zu bieten als reine Natur und auch mehr, als die Finnen wahrscheinlich selber denken. Diesmal haben wir endlich einmal großes Glück beim finnischen „Sehenswürdigkeiten“-Roulette – im Infozentrum des Wandergebiets von Hossa in der Region Kainuu, welches wir nach zweimaligem Anhalten und Nachfragen gefunden haben, erzählt ein netter Mitarbeiter so ganz nebenbei von einer schönen Tour mit „ein paar“ Felsmalereien. Nachdem wir davon bereits einige kleinere am Straßenrand bei Puumala gesehen haben fahren wir frohgemut mit Hilfe einer Gebietskarte über holprige Schotterpisten zum Startpunkt unserer Wanderung in die Vergangenheit.

Hossa_Finnland

Durch einen duftenden, von Flechten bewachsenen und Heidelbeeren gesäumten finnischen Märchen-Wald streben wir nun gut fünf Kilometer entlang verträumter Flussläufe einem ganz bestimmten Ziel entgegen: den Felszeichnungen von Värikallio. Diese stammen aus der Zeit 2500 bis 1500 vor Christus und bezeugen, dass sich die Menschen hier schon vor tausenden von Jahren angesiedelt haben. Sie sind sowohl der nördlichste als auch einer der größten prähistorischen Funde Finnlands. Die hölzerne Steg-Konstruktion, welche zu den Malereien auf einer senkrechten, direkt ins Wasser des Somerjärvi abfallenden Felswand führt, mutet sehr abenteuerlich an – vorsichtig hangeln wir uns voller Spannung von Planke zu Planke. Und dann werden all unsere Erwartungen übertroffen: staunend stehen wir mutterseelenallein vor dem überdimensionalen Kunstwerk voller Jagdszenen und schamanischer Rituale. Dieses Meisterwerk von Rockart wird von der Nachmittagssonne leuchtend zum Leben erweckt – wir tauchen ein in die mystische Stimmung und sind verzaubert von den über 60 einzelnen Darstellungen, darunter 33 Elche, ein Bär, zwei Tierpfoten, zwei Eidechsen und 21 Menschengestalten. Herausstechend und sehr selten in der finnischen Felskunst sind vier Figuren mit einem dreieckigen Kopf – ganz klar sind bei ihnen Nasen und Augen zu erkennen. Ehrfürchtig verweilen wir einige Zeit an diesem ganz besonderen Ort. Ebenso wenig wie die genaue Zusammensetzung der hier von unseren Vorfahren verwendeten Farbe (vermutlich Eisenoxide, Fett, Blut und Vogeleier) ist bis heute die Bedeutung dieser phantastischen Felsmalereien bekannt – was die Steinzeitmenschen damit ausdrücken wollten bleibt wohl für immer ein Geheimnis.

Wir sind sehr dankbar für diesen Glücksmoment auf unserer Abenteuer-Reise durch die Weiten Finnlands und fahren nun beseelt den weiteren Entdeckungen entgegen!

Sandra-Isabel Knobloch arbeitet als freischaffende Musikerin und Journalistin.

Tina Gronert ist leidenschaftliche Hobbyphotographin. Beide kommen aus Ingolstadt und sind zusammen auf der Suche nach der Schönheit des Augenblicks in verschiedenen skandinavischen Ländern.